1. Aktuelles
100 Jahre nach Erscheinen der Natürlichen Wirtschaftsordnung von Silvio Gesell soll dieses Jahr mit Unterstützung durch INWO und Humane Wirtschaft ein Film entstehen, der auf einfach zugängliche Weise den von Gesell erkannten Systemfehler und die Grundlagen seines Lösungsansatzes darstellt. Gerne nehmen wir Spenden (Betreff: „NWO-Film“) zur Finanzierung weiterer Dreh- und Schnittarbeit entgegen. Später soll es auch die Möglichkeit geben, eine DVD-Kopie des Films crowdfunding-mäßig schon vor Fertigstellung zu kaufen (mehr dazu im nächsten Newsletter).
Neues aus Fernost
Auch Japans Notenbank führt Negativzinsen ein (FAZ am 29.01.2016), als Drittes im Bunde nach Schweizerischer Nationalbank und Europäischer Zentralbank. Damit soll nach 20 Jahren stagnierender Wirtschaft und zuletzt einem Rückfall in die Deflation die Geldhortung reduziert werden. Wenn auch ein Zins von -0,1 Prozent nicht gerade entschieden wirken mag, weitere Absenkungen werden bereits nicht ausgeschlossen. Für die INWO kommentiert Beate Bockting.
Uneinsichtig zeigt sich aber noch die amerikanische Federal Reserve, die sich im Dezember zum ersten Mal seit Ausbruch der Finanzkrise zu einer Leitzins-Anhebung entschloss und ihren Einlagenzins von 0,2 auf 0,3 Prozent erhöhte. Allerdings darf man sich fragen, wie weit sie damit kommt, und ihr Vize Stan Fischer sagte am 3. Januar bei der Jahrestagung der American Economic Association in seiner Rede über “Monetary Policy, Financial Stability, and the Zero Lower Bound”:
„Ein anderer möglicher Schritt wäre es, wenn erforderlich die kurzfristigen Zinsen unter null zu senken, um eine weitere Akkommodierung zu gewährleisten. Unsere Kollegen in Europa sind im Moment dabei, auf diesem Gebiet die ökonomischen Lehrbücher neu zu schreiben - und helfen uns, frühere Diskussionen über Negativzinsen von Keynes, Irving Fisher, Hicks und den bedeutenden Gesell ins Gedächtnis zu bringen, dessen Arbeit sogar in der General Theory als richtig beurteilt wurde.“
Beim Strategietreffen zum Aufruf Grundsteuer: Zeitgemäß, im November 2015 in Wallmerod, nahm für die INWO Vlado Plaga teil. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat verschiedene Grundsteuermodelle analysiert und empfiehlt eine reine Bodenwertsteuer. Drei Argumente für eine rein bodenbasierte Grundsteuer wurden beim Treffen besonders hervorgehoben:
- Äquivalenz und Gerechtigkeit: Gleichbehandlung von unbebauten und bebauten Grundstücken, denn aus Sicht der Gemeinden gibt es keinen Unterscheid im Aufwand
- Innenentwicklung: Die reine Bodensteuer hat einen Mobilisierungseffekt und beseitigt die Investitionshemmung der Gebäudebesteuerung, was beides den Flächenverbrauch reduziert
- Bürokratieabbau: Die Gebäude unberücksichtigt zu lassen, bedeutet eine wesentliche Vereinfachung
Eine Bodenwertsteuer könnte bei entsprechender Höhe andere Steuern (vor allem auf Arbeit) ersetzen und damit zur von der INWO geforderten Bodenreform werden.
Eine weitere Steuerreform im INWO-Sinne wäre die Belastung von Energieverbrauch, vor allem bei einer gleichzeitigen Pro-Kopf-Rückverteilung als Mini-Grundeinkommen. Dies fordert in Deutschland der Verein Bürgerlobby Klimaschutz, wie die taz unter der Überschrift Rauch zu Geld berichtete (am 29.01.).
500er weg!
Einige SPDler sind mit einer Forderung nach vorne geprescht, die wir als INWO uns beim letzten Arbeitstreffen als Thema für eine Kampagne vorgenommen hatten: die Abschaffung der größten Banknoten (Welt-Artikel vom 26.01.). Uns geht es dabei weniger um die Bekämpfung der klassischen Kriminalität, als darum, das quasi-kriminelle Zurückhalten von benötigten Zahlungsmitteln zumindest unhandlicher zu machen. Für die INWO kommentiert Klaus Willemsen. Es hilft der Sache und wir freuen uns, wenn Leser unserer Texte (z.B. Newsletter und Medienspiegel) in Kommentaren bei anderen Medien auf diese (im Netz) verweisen!
2. Termine
2. Februar, Dortmund: Friedensfragen - Jürgen Wagner von IMI Tübingen mit dem Thema „Kriegsunion EU / Globalisierungsstrategie“. Um 19 Uhr in der Auslandsgesellschaft NRW. Mark Brill organisiert diese in Geld- und Bodenfragen verwurzelte Veranstaltungsreihe (jeden 1. Dienstag im Monat).
6. Februar, Leipzig: Spezialseminar Die „Geldschöpfung“ von Steffen Henke, Vorstand der Neues Geld gGmbH (Teilnahme hier schon ab 10 €).
17. - 19. Februar, Wuppertal: „Von der Knappheit in die Fülle - ein anderes Zukunftsbild des Wirtschaftens“. Veranstaltung mit Tanja Adam-Heusler, Dr. Michael Kopatz (Wuppertal-Institut), Dr. Holger Kreft, Steffen Henke, Andreas Bangemann und einigen mehr.
27. - 28. Februar, Bad Boll: Tagung Auswirkungen einer Geldreform des SFFO.
1. März, Dortmund: Friedensfragen - Peter Wahl (Attac & WEED) mit dem Thema „TTIP und der Umbruch der Weltordnung“. Siehe Termin 2. Februar.
4. und 5. März, Homburg-Erbach: Vortrag (um 19 Uhr) und Spezialseminar Die „Geldschöpfung“ (10 - 18:30 Uhr) von Steffen Henke (s.o.)
12. - 13. März, Fuldatal (Simmershausen): Quo vadis, Europa? , 57. Mündener Gesprächen.
19. Februar, Vaihingen. Vorträge ab 19 Uhr von Rudolf Mehl (CGW) und Helmut Rau (INWO) im Rahmend der Diskussionsreihe „Wege aus der Wachstumsfalle“ der Initiative Vaihingen Ökologisch Sozial (VÖS).
21. und 22. Mai in Witten: Geldgipfel 2016 – Vom Fußabdruck zum Handabdruck. Zweiter Geldgipfel der GLS-Bank nach 2014.
30. Mai bis 02. Juni 2016 in Berlin: Der Streit ums Land, Seminar.
25. Juli bis 7. August 2016, Wuppertal: 3. Sommercamp der Wuppertaler Freilichtbühne.
30. Juli 2016, Wuppertal: Mitgliederversammlung der INWO Deutschland mit Einsteigerseminar zur Freiwirtschaft als „Vorprogramm“.
Irrtümer und Änderungen vorbehalten. Mehr lokale und aktualisierte Termine stehen immer im INWO-Terminkalender.
3. Interessantes aus Medien und Netz
Keine neuen Schulden – nur dank niedriger Zinsen kommentiert INWO-Mitglied Jens Hakenes die Meldung zum Jahresbeginn, dass der Bund 2015 und 2014 erstmals seit 1969 die Verschuldung nicht ausweitete.
Während Oxfamletztes Jahr noch meldete, dass ein Prozent der Weltbevölkerung mehr besitze als „der Rest“ (also etwa 70 Millionen zu 7 Milliarden), wird dieses Jahr etwas anschaulicher zugespitzt: Nur 62 Menschen besitzen mehr Vermögen, als die „ärmere Hälfte“, der Weltbevölkerung (wobei diese vermutlich wie in Deutschland relativ fast nichts besitzt). Eigentlich sind solche unfassbaren Zahlen nur noch mit Satire zu ertragen... und dank der weiterhin den Reichen zufließenden leistungslosen Einkommen aus Bodenbesitz und Urzins wird die Zuspitzung jedes Jahr dramatischer.
Ein Beitrag und eine Reportage von Deutschlandradio Kultur präsentieren Menschen und Gruppen, die aus guten Gründen ein bedingungsloses Grundeinkommen fordern, ohne sich dabei allerdings unbedingt auf eine bestimmte Finanzierung desselben festzulegen. Die von der INWO geforderte Bodenreform würde die Mittel dazu auf gerechtestem Wege bereitstellen - man könnte diese aber statt für ein Grundeinkommen auch „lediglich“ zur Ablösung aller anderen Steuern verwenden und weiterhin nur bedürftige Menschen gezielt unterstützen.
Volker Pispers bringt in seinem laufend aktualisierten Programm „Bis Neulich“ die traurigen Themen Flüchtlings- und Finanzkrise auf irgendwie noch unterhaltsame Weise unter einen Hut. Da der WDR offenbar kein Audio-Archiv anbieten kann oder will, muss man auf eine andere Quelle zurückgreifen.
4. Film- und Buchtipps
Roland Geitmann - Sozialökonomische Weisheitsschätze der Religionen (2016)
Der leider Ende 2013 verstorbene Geitmann, Professor für Verwaltungsrecht an der Fachhochschule Kehl bis 2006, war von 1989 bis 2009 Vorsitzender der Christen für gerechte Wirtschaftsordnung, die inhaltlich der INWO sehr nahe stehen. In der Kritik der gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse nahm er kein Blatt vor den Mund. Unser Wirtschaftssystem nannte er „zerstörerisch“ und „verbrecherisch“.
In dem posthum zusammengestellten Band sieht Geitmann in der „Vorenthaltung des Bodens und [der] Privatisierung der Bodenrente weltweit Quellen sozialer Ungerechtigkeit und menschlicher Verelendung“. Das Geldwesen sei „der tödliche Tumor der Gesellschaft und [bilde] den Kern struktureller Gewalt“. Unser „strukturell gewalttätiges Wirtschaftssystem“ überfordere die Menschen und treibe sie immer wieder zu direkter Gewalt an. Letztendlich müsse „eine auf Zinseszins basierende und deswegen auf exponentielles Wachstum angelegte Wirtschaft [...] mit mathematischer Zwangsläufigkeit kollabieren“. Das, was landläufig als „Finanzkrise seit 2007“ bezeichnet wird, sieht Geitmann als überfälligen „schrittweisen Systemzusammenbruch“. Doch die in den USA und der EU ergriffene Maßnahme, „die Finanzblase mit Hilfe zusätzlicher Staatsverschuldung zu flicken“, zementiere und verschärfe „ein Tributzahlungssystem zugunsten einer reichen Schicht und [bedeute] monetäre Refeudalisierung.“
In den verschiedenen lesenswerten Texten analysiert Geitmann Ausprägung und Entwicklung des Zinsverbots in Christentum, Judentum, Islam und Antroposophie. Er argumentiert allerdings überwiegend ganz weltlich: „In der Demokratie trägt jeder Bürger Mitverantwortung für die zeitgemäße Fortentwicklung des Rechts.“
Eine etwas ausführlichere Besprechung wird in Fairconomy 1/2016 erscheinen.
5. Das Wort zum ... Schluss
„Wir leben in einem Dritten Weltkrieg, einem Wirtschaftskrieg der Wucherzinsen, des Preisverfalls und des ungleichen Austausches. Die Armen dieser Erde wehren sich mit Drogen und künftig vermutlich mit unaufhaltsamen Hungermärschen gen Norden und gen Westen.“
Prof. Roland Geitmann bereits 1991 in Zinsverbot aus Liebe - Christlicher Glaube und Wirtschaftsmoral in Sonntagsblatt. Zitiert nach obigem Buchtipp-Buch (S. 78)
Mit freundlichen Grüßen
Vlado Plaga und Mitstreiter
Impressum:
Herausgeber: <link http: www.inwo.de>INWO Deutschland e. V., Wüstefeld 6, 36199 Rotenburg an der Fulda
Telefon: 06623-919601, Fax: 06623-919602, E-Mail: <link>inwo@INWO.de
Vertretungsberechtigter Vorstand und inhaltlich Verantwortlicher gemäß §10 Absatz 3 MDStV: Erich Lange & Vlado Plaga
Registergericht: Amtsgericht Frankfurt am Main, Registernummer: VR 10338
Bankverbindung: GLS Gemeinschaftsbank e.G. Bochum, IBAN: DE32430609676010451400, BIC: GENODEM1GLS